Lich (usw). Als Volltreffer erwies sich auch das dritte Konzert der Festivalreihe “SommerMusikWelten”: Das iranische Naqsh-Duo hinterließ mit seiner improvisiert wirkenden Mischung aus Weltmusik, Jazz und anderen Elementen einen ausgezeichneten Eindruck. Die perfekte Handwerklichkeit und virtuose Ausführung entführten das Publikum in einen musikalischen Traum. “Es wird keine Pause geben”, sagte Susanne Ines Schmidt von “KünstLich” zur Begrüßung und: “Dieses wundervolle Duo lädt Sie ein zu einer intensiven Reise. Es wird Tränen geben, Streit, einen Ausbruch und noch mehr.”
Golfam Khayam (Gitarre) und Mona Matbou Riahi (*1990, Klarinette) stammen beide aus Teheran und verfügen über eine umfangreiche klassische akademische Musikausbildung. Ihr Debütalbum “Narrante” erschien bei ECM, Produzenten sind Manfred Eicher und Ramin Sadighi.
Es war schummrig im Saal, man konnte die Künstlerinnen nicht so genau erkennen. Die beiden Frauen selbst brauchten auch nicht viel Licht, sie verbrachten den größten Teil ihrer Reise mit geschlossenen Augen. Langsam, zart, fast andächtig ertönte die Gitarre, und die Klarinette sinnierte ein bisschen dazu. Riahi spielte hierbei zwei Klarinetten, die eine nur mit Oberteil, was einem plötzlichen dynamischen Höhepunkt zugutekommt, den sie bald setzt.
Das Programm ist in etwa sechs Akte unterteilt, deren Pausen sie zum Nachstimmen und einer kurzen Neubesinnung nutzten. Nach dem ersten Teil applaudierten die Zuhörer, respektvoll und nicht besonders laut; danach herrschte in den Pausen nur noch Stille. Die erfasste schnell den ganzen Saal, die Hörer hatten schnell verstanden und fügten sich ganz still ins Geschehen.
Die Reise führte durch eine enorme Anzahl musikalischer Welten. Khayam verfügt über alle Mittel der klassischen Gitarre, verwendete komplizierte Griffe, vertrackte Rhythmen und filigranste Tongebungen. Riahi nutzte auf der Klarinette auch die Grenzerfahrungen der Klanggebung, klapperte mit den Tasten wie im Freejazz, überblies mal und hielt einen Lauf über eine längere Zeit durch Zirkularatmung. Die meisten Titel sind komplett durchkomponiert, obwohl man glauben konnte, einer virtuosen Improvisation beizuwohnen. Jazz, Ethno, Klassik und verschiedene Weisen aus dem Orient flossen hier zusammen zu einem Musikerlebnis, das ebenso unerhört intensiv war, wie es den Hörer spürbar zu sich selbst führte.
Virtuos war der Umgang mit der Stille, in der etwa ein Flageolett versank oder ein gemeinsamer Akkord, dazu Arpeggien, Ostinati oder Grenzgeräusche auf der Klarinette – das Duo Naqsh beherrscht alle Klangelemente virtuos, und dabei ist nichts spekulativ, alles erwächst aus dem faszinierenden seelischen Gleichklang der beiden Frauen. Es war ein Musikereignis der Sonderklasse, niemand im Saal hatte so etwas je gehört oder vielmehr erlebt. “Es war eine besondere Energie in diesem Saal und mit diesem Publikum, es war ein wunderbares Erlebnis”, verabschiedete sich Khayam.